Man hat mit allen großen Medien in

Deutschland und der Welt zu tun

Ein Interview mit Michael Lamberty, Pressesprecher von Lufthansa



 

Michael Lamberty arbeitet in der Pressestelle von Lufthansa, der größten deutschen Fluggesellschaft. Er ist Ansprechpartner für Journalisten, speziell wenn sie Fragen zu Piloten oder Flugbegleitern haben. Worin die Tätigkeit eines Pressesprechers besteht, hat Michael Lamberty den Jungjournalisten des Bösen Wolfs erzählt.

 

 

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Haben Sie sich schon als Kind für Flugzeuge interessiert? 

Nicht mehr als andere. Das kam eher durch Zufall, ein Reiseveranstalter hatte mich 1993 nach Ibiza geschickt, um eine kleine Reportage zu schreiben. Da dachte ich, „Das wäre schön, öfter irgendwo hinzufliegen und interessante Themen und Geschichten zu entdecken.“

Für welche Themen sind Sie zuständig?

Es gibt bestimmte Schwerpunkte bei uns in der Pressestelle. Anfragen wie „Wie wird man Pilot? Oder wie läuft ein Flug ab oder wie wird man Flugbegleiter?“ landen bei mir, oder wenn etwa ein Fernsehsender eine Reportage über die Einführung des Airbus A380 machen will. Aber wir beantworten auch alle möglichen Fragen bei der Rufbereitschaft.

Was bedeutet Rufbereitschaft?

Jede Nacht, auch am Wochenende oder an Feiertagen sind Flugzeuge von uns unterwegs. Da könnte eine Frage auftauchen oder irgendetwas geschehen und da müssen die Journalisten und die Medien weltweit einen Ansprechpartner finden. Wir können sie ja schlecht auf den nächsten Morgen, 9 Uhr deutscher Zeit, vertrösten…

 

Sind Sie immer dabei, wenn Piloten ein Interview geben?

Normalerweise schon. Wenn eine Interviewanfrage hereinkommt, ist es unsere Aufgabe als Pressesprecher, einen Gesprächstermin zu organisieren. Es ist auch unsere Aufgabe, bei diesem Termin dabei zu sein. Man spricht vorher ab, was darin vorkommen soll, das muss also keine böse Absicht sein, dass der Journalist oder die Journalistin auf eine ganz andere Frage kommt. Da muss man dann sagen, das ist jetzt keine Frage für eine Pilotin, sondern eher für einen Ingenieur z.B.

Das Interview der Bösen Wölfe  mit Kerstin Felser,

Pilotin des A 380 >>>

Welche Ausbildung braucht man, um Pressesprecher zu werden?

Man muss ein abgeschlossenes Hochschulstudium haben und man sollte auch praktische Berufserfahrung als Journalist haben. Unsere Kunden sind ja die Journalisten. Da sind wir gut beraten, wenn wir wissen, wie sie arbeiten, was sie brauchen, was sie interessiert. Wir müssen auch oft intern recherchieren. Ich bin selbst kein Pilot, aber dadurch, dass ich öfter zu Gast im Cockpit war, oder durch den Kontakt zu den Piloten und Pilotinnen habe ich mir im Laufe der Zeit einiges angeeignet.

Lastet eine große Verantwortung auf Ihnen?

Ja, durchaus. Und da es sich hier um ein bekanntes Unternehmen handelt, wird vieles kritisch gesehen und man kann da nicht einfach im Blindflug munter drauflosplaudern (lacht). Im Ernst: Es ist eine wahnsinnig spannende Tätigkeit und manchmal führt es auch dahin, dass man eine Idee mit einem Journalisten zusammen entwickelt, und später wird daraus eine 45-minütige Fernsehsendung oder ein größerer Artikel in einem renommierten Blatt.

Als Pressesprecher kann man recht viel Medieninhalt selbst mitgestalten. Das kann etwas Tagesaktuelles sein, aber auch ein Hörfunkinterview am Telefon zu Fragen wie man Pilot wird oder wie viele Pilotenschüler wir dieses Jahr einstellen wollen. Anderes Beispiel: „Warum ist der Rückflug aus New York eine Stunde kürzer als der Hinflug?“ Antwort: Es liegt am Jet Stream, Starkwindbänder, die dem Flugzeug zusätzliches Tempo verschaffen.

Wie ist denn Ihr Verhältnis zu Journalisten? 

Meistens entspannt und problemlos, denn uns verbindet das Ziel, spannende Menschen und ihre Geschichte vorzustellen. Es kommt immer mal wieder vor, dass ein Journalist auf etwas gestoßen ist, das wie ein Skandal oder Riesenfehler des Unternehmens oder der Branche aussieht. Und ich muss als Vertreter des Unternehmens überlegen, ob und wie man darauf reagiert.

Es sind also immer die Journalisten, die Sie kontaktieren?

Oft ist es so, dass wir ein interessantes Thema haben; also greifen wir zum Hörer und  überlegt mit einem Journalisten gemeinsam, wie das Thema umsetzbar ist.

Wie sieht ein ganz normaler Arbeitstag bei Ihnen aus? Also, wenn Sie einen haben... 

Ja, den gibt es. Manchmal verläuft der dann ganz anders. Das ist ja das Spannende. So gegen 9 Uhr finden wir uns in Frankfurt, in Flughafennähe ein. Dann druckt man die Presseschau aus. Um 9:30 werktags gibt es eine kleine Schaltkonferenz mit anderen Pressesprechern. Dann berichtet der Kollege oder die Kollegin, die Rufbereitschaft hat, was in der Nacht zuvor möglicherweise passiert ist. Dann geht man so reihum. Was ist an Arbeitsergebnissen zu finden? Was ist in der Presseschau? Man erwähnt etwa, dass nun das in  der vergangenen Woche geführte Interview erschienen ist. Oder es ist zu erfahren, dass um 13 Uhr die monatlichen Verkehrszahlen erscheinen und die ARD über neue Flugrouten in Frankfurt berichten will.

Hat sich viel durch die neuen Medien geändert?

Ja. Die Herausforderung ist größer geworden, weil jetzt im Prinzip jeder von überall auf der Welt  tweeten kann und Fotos oder Videos ins Netzt stellen  kann. Als Beispiel, neulich in Calgary in Kanada war es sehr windig und ergab eine optisch recht eindrucksvolle Landung. Die hat ein Spotter am Flughafenzaun gedreht. Und mittlerweile ist das Video bei Youtube schon 800.000mal von Nutzern abgerufen und lief auch schon in den Fernsehnachrichten.

Reisen Sie viel?

Wenn man an Langstreckenziele denkt, im Schnitt ungefähr alle zwei bis drei Monate, doch der Aufenthalt ist immer sehr kurz - wie für unsere Crews. Sie fliegen nach San Francisco und nach zwei Übernachtungen wieder retour. Das ist dann automatisch auch unser Rhythmus. Dennoch ist dies ein interessanter Nebeneffekt. Selbst wenn unterwegs an Bord ja gearbeitet wird, hat man am Ziel ein bisschen Zeit sich zu regenerieren und kann sich noch etwas umschauen.

Muss man in Ihrem Beruf viele Sprachen beherrschen?

Englisch ist Standard. Und dann ist es natürlich wichtig, dass man die deutsche Sprache so gut beherrscht, um einen Pressetext zu schreiben, der ansprechend zu lesen ist. Französisch beherrsche ich recht gut, das nutzt dann etwa bei Airbus in Toulouse; Russisch habe ich zwar drei Jahre in der Schule gelernt; aber wegen mangelnder Gelegenheit ist es arg verblasst.

Wie viele Emails bekommen Sie so am Tag? 

Das variiert, ich schätze 30 bis 50, aber vieles davon sind Nachrichtenmeldungen. Viele Anfragen kommen weiterhin noch per Telefon herein. Wenn bei anderen Fluggesellschaften irgendetwas passiert, da sucht man natürlich einen Experten, um das deutschen Radiohörern oder Zuschauern des Morgenmagazins zu erklären. Da greift allerdings oft unsere Regel, dass wir uns nicht zu Vorfällen bei Anderen äußern.

Warum?

Weil wir das umgekehrt von anderen auch erwarten. Ich hielte es zudem für unfair, sich über andere zu äußern und sich damit indirekt möglicherweise auf Kosten anderer zu profilieren.

Können Sie alles schreiben und sagen, was Sie wollen?

Wir sind die Vertreter des Unternehmens und spiegeln damit die Sichtweise der Geschäftsleitung wider. Und man muss auch vorsichtig sein, wie man es ausdrückt, damit es nicht zu Missverständnissen bis hin zur Verunsicherung an der Börse oder bei unseren Fluggästen, führt.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit?

Dass man praktisch mit allen größeren Medien in Deutschland und der Welt zu tun hat. Und die Gestaltungsmöglichkeit. Auch ist die Aufgabe hier sehr abwechslungsreich.

 

Und was gefällt Ihnen nicht?  

Die Arbeitsweise mancher Journalisten oder Medien, die aufgrund der Konkurrenzsituation oder Profilierungssucht überziehen. Da werden Kleinigkeiten aufgebauscht und skandlisiert. Das ist teilweise bedenklich und für Leser oder Zuschauer ein ziemlicher Bärendienst.

 

 

Interview von Alina, Anastasia und David  

Zeichnungen: Chloé, Jean-Victor, Ulysse                          

© Grand méchant loup, www.mechant-loup.schule.de | Dezember 2011