Kinder halfen nicht nur mit, manchmal mussten sie hart arbeiten
Eine Reportage der Kinderreporter des Bösen Wolfes über Kinderarbeit vor 100 Jahren
Vor 100 Jahren
Heutzutage können sich Kinder schwer vorstellen, arbeiten und Geld verdienen zu müssen. Vor 100 Jahren war es ganz anders. Viele Leute lebten in Armut. Schon sehr früh mussten Kinder mitarbeiten. Die Frage stellte sich nicht, ob man seinen Eltern hilft oder nicht. Man musste.
Offiziell bestand die Schulpflicht in Deutschland bis zu 14 Jahren und in Frankreich bis zur Abschlussprüfung der Grundschule, also mit 12 oder 13 Jahren. Jedoch hielten sich nicht alle daran und die Kontrollen waren nicht wie heute.
Einige Kinder arbeiteten morgens vor der Schule und abends danach.
Auf dem Land nahmen sie an den Feldarbeiten teil, halfen bei der Ernte mit, kümmerten sich um die Tiere…
In der Stadt verkauften die armen Kinder Zeitungen, waren Laufjungen oder Boten und gingen zwischendurch zur Schule.
Hier gibt es zum Beispiel den Tagesablauf eines etwa zehnjährigen Jungen in einer deutschen Großstadt und es handelt sich nicht um einen Einzelfall.
Er stand sehr früh auf. Zwischen 4:30 Uhr und 6 Uhr morgens trug er Brötchen aus. Danach ging er zur Schule. Von 12 bis 13:30 Uhr arbeitete er als Laufbursche. Anschließend ging er zurück zur Schule (von 14 Uhr bis 16 Uhr). Von 16:30 Uhr bis 21 Uhr ging er erneut arbeiten. Danach musste er noch seine Hausaufgaben erledigen.
Einige Lehrer, die bemerkten wie erschöpft manche Kinder waren, machten auf dieses Problem aufmerksam und haben sich gegen die Lohnarbeit ihrer Schüler gewandt.
Im Jahre 1903 wurde ein Gesetz, das Kindern unter 12 Jahren die Arbeit verbietet, einstimmig beschlossen. Dies galt auch für industrielle Heimarbeit.
Industrielle Arbeit zu Hause
So funktionierte es: Ein Zulieferer brachte den Familien Rohstoffe, die sie dann zu fertigen Produkten verarbeiten konnten. Die Kinder mussten mitmachen, nachdem sie von der Schule zurückkamen.
In Gegenden, in denen die Fertigung von Holzgegenständen (insbesondere Spielsachen) üblich war, war Kinderarbeit zu Hause sehr verbreitet. Laut einigen Lehrern gab es Gebiete, in denen im Durchschnitt nur vier von zwanzig Schülern einer Klasse nach dem Unterricht nicht arbeiten mussten.
In den Industriestädten arbeiteten 30% bis 50% der Kinder zu Hause. Oft betrachteten die Eltern die Schule als Hindernis beim Geldverdienen.
Es war schwer zu kontrollieren, ob es die Eltern oder die Kinder waren, die letztlich die Arbeit gemacht hatten.
<- Nur wer arbeitet, bekommt etwas zum Essen.
Die Arbeit auf dem Land
Bis zum Jahre 1910 hatten ungefähr 80% der Kinder Eltern, die auf dem Land tätig waren. Nur die übrigen 20% waren Arbeiter, Händler, Handwerker oder arbeiteten in der Verwaltung. Das ist sehr wenig im Vergleich zu heute.
Die Bauernkinder mussten vor allem bei den Feldarbeiten mit anpacken. Bei Schulbeginn waren meistens nur wenige Kinder anwesend. Alle Bauernkinder gingen erst wieder in die Schule, wenn die Ernte und die Weinlese vollbracht waren.
Am Ende der Schulzeit
Die Jungen verließen oft das Zuhause nach dem Schulabschluss, in Frankreich also mit zwölf oder dreizehn Jahren. Sie machten irgendwo eine Ausbildung oder waren im Hause eines Nachbarn beschäftig. Sie erhielten nur einen sehr geringen Lohn.
Die Mädchen gingen oft in Stellung, das heißt, sie arbeiteten als Dienstmädchen. Sie verließen ihr Dorf und kamen in die Stadt. Mit erst 12 Jahren waren sie manchmal schon zuständig für die Wäsche (es gab noch keine Waschmaschine), das Feuer, das Putzen, die Küche… die Tage waren lang.
Junge Auszubildende in einer Schlosserei-Werkstatt gegen 1910
In Kriegszeiten
Während des Krieges mussten Kinder noch mehr bei den Alltagsarbeiten mitmachen. Einige mussten gar vor ihrem 13. Geburtstag mit der Schule aufhören, um in der Fabrik, auf den Feldern oder anderswo zu arbeiten. Die Arbeitskräfte fehlten, da die meisten Männer Soldaten waren.
Wir können uns also glücklich schätzen, heutzutage lange zur Schule gehen zu können und die Zeit zu haben, um zu spielen und andere Sachen zu machen, die uns Spaß machen.
Es ist schon traurig, dass es Kinderarbeit noch in einigen armen Ländern gibt.
Text: Alina und Fanny | Kinderredaktion Grand méchant loup
Quellenangabe: Interview mit Sebastian Ruff, von der Sammlung Kindheit und Jugend in der Stiftung Stadtmuseum Berlin / Interview mit Alain Quillout, Geschichtslehrer / so wie Zusatzinformationen aus dem Buch von Claus-Peter Gross: ...verliebt..verlobt...verheiratet, Verlag Willmuth Arenhövel, Berlin 1986
Zeichnungen: Alica, Chloé, Dagmara, Delphine, Julienne und Natalia | Kinderredaktion Grand méchant loup
Foto: Sammlung Claus-Peter Gross
© Grand méchant loup | Juli 2014