MARDI 10 FÉVRIER 2009 | DIENSTAG, 10. FEBRUAR 2009

INTERVIEW MIT BOJAN PRASNIKAR

Die bösen Wölfe haben mit dem Trainer vom Fußballverein Energie Cottbus gesprochen


 

Bojan Prasnikar kommt aus Slowenien und ist der Trainer von Energie Cottbus, der europäischsten Mannschaft der Bundesliga mit 15 verschiedenen Nationalitäten. Er sprach mit uns über Fußball, aber auch viel über sein Heimatland...

    Foto: Grand méchant loup | Böser Wolf e.V.


Seit wann sind Sie Trainer in Cottbus?
Seit dem letzten Jahr, genau seit dem 28. September 2007.


Waren Sie schon davor Trainer in einem Verein, mit Spielern, die aus vielen Ländern kommen?
Wir sind sicher ein sehr interessanter Verein. Wir haben, glaube ich, 15 Nationalitäten in unserem Team. Und am Anfang war es sicher schwer, weil ich selber große Probleme mit der deutschen Sprache hatte, aber dann haben wir ein Gespräch gehabt und gesagt: Wir haben ein Ziel, wir wollen in der Bundesliga bleiben. Das bedeutet: Wir sind in Deutschland, wir sprechen fünfzehn verschiedene Sprachen, wir müssen eine Sprache für alles finden. Welche ist das? Die deutsche Sprache. Zweiter Punkt: Wir spielen alle Fußball, und zwar in Deutschland, also werden wir deutsch sprechen. Jeder muss probieren zu sprechen, jeder muss lernen, weil wir alle in einem Boot sitzen. Die Sprache gibt uns einen Zusammenhalt. Wir leben in Deutschland und die deutsche Sprache muss eine Verbindung sein. Ich lerne auch weiter deutsch, damit ich es besser kann. Und am Ende haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht.


Wie viele Sprachen muss man für Ihren Beruf sprechen?

Je mehr, desto besser. Die Sprachen vom Balkan, Kroatisch, Serbisch, sind für mich sehr bekannt. Viele Leute kennen diese Sprachen nicht und darum spreche ich öfter mit den Spielern in ihrer Muttersprache. Aber dann muss ich diese Sprachen ins Deutsche übersetzen, damit die anderen verstehen, was ich sage. Für die Spieler, die kein deutsch sprechen, gibt es Kurse. Die Spieler haben zwei, drei Mal die Woche Unterricht mit einer Lehrerin zwischen zwei Trainings und dann machen sie einen Test, um zu prüfen, was sie gelernt haben.


Wie ist es mit slowenisch?
Slowenisch ist meine Muttersprache, aber keiner versteht es in der Mannschaft, ich bin der einzige Slowene.


Ist es leichter, wenn man wie Sie aus Slowenien kommt, mit Spielern zu arbeiten, die auch aus Südost-Europa kommen?
Das ist nicht so wichtig. Für mich ist es gut, weil ich alle diese Sprachen verstehe, auch etwas französisch und polnisch. Für die Spieler ist es Schwierig, weil ich verstehe, was sie untereinander sagen und auch wenn sie schimpfen! Sie müssen aufpassen, denn das geht nicht.

Können Sie sich vorstellen, wieder nach Slowenien zu ziehen oder dort Trainer zu sein?
Bei unserem Job ist es immer schwer zu sagen, was wir nächstes Jahr machen werden. Ich werde sicher einmal nach Slowenien zurückgehen, wann ist die Frage. Mit meinem Job als Bundesligatrainer habe ich auch viele neue Sachen kennengelernt und auch viele Erfahrungen gesammelt. Das bedeutet, mit meinem Können habe ich verschiedene Möglichkeiten.

Fahren Sie öfter nach Slowenien?
Ja, aber die letzten drei Monate war ich nicht dort. Vorher bin ich jeden Monat hingefahren. Am Ende hatten wir zuviel Druck, wir haben alle gesagt, wir werden auf schöne Sachen verzichten, alles vergessen und uns maximal auf das Wichtigste konzentrieren.

Fahren Sie nach Ljubljana?
Ja, Ljubljana ist das Zentrum Sloweniens, die Hauptstadt, ich wohne aber 70 Kilometer entfernt, in einem Dorf, wo es genau so schön ist wie hier in Burg. Und ich werde auch froh sein, hierher zurückzukehren. Mein Sohn ist 20 Jahre alt und spielt auch Fußball, in der zweiten Liga, sie kämpfen um die erste Liga. Meine Tochter ist erst 9. Sie trainiert viermal pro Woche Fußball und spielt in zwei Mannschaften. Sie spielt in der Knabenmannschaft in der U10, und in der Mädchenmannschaft ist sie sogar in der U12! Sie hat großen Erfolg, und wenn sie hier ist, findet sie sofort Freunde, und sie spielen Fußball.


Sprechen Sie öfter deutsch oder slowenisch?
Hier in Deutschland spreche ich natürlich deutsch, in Slowenien slowenisch.


Wenn Sie hier in Burg sind, essen Sie dann auch slowenische Spezialitäten?
Hier ist es sehr schwer, sie zu finden. Alles müsste ich allein machen. Keiner hier kennt das, es gibt kein slowenisches Gasthaus. Darum werde ich sehr zufrieden sein, wenn ich in Slowenien bin, unser Essen ist sehr gut.


Sind Sie froh, dass Slowenien jetzt in der EU ist?
Ja, ich und alle waren sehr froh, als der Eintritt in die EU vor vier Jahren stattfand, es war sehr gut, wir hatten auch die EU-Ratspräsidentschaft bis Ende Juni 2008.


Und dass es dort auch den Euro gibt?
Ja, das ist auch eine gute Sache, weil wir ein anderes Geld hatten, aber mit dem Euro kam auch etwas anderes.


Ist es teuerer?
Immer mehr. Bei uns ist es sicher etwas anders als in Deutschland. Am Ende haben wir die gleichen Preise erzielt wie hier, aber viel weniger verdient.


Vermissen Sie Slowenien?
Ich war überall schon. Ich muss sagen, Slowenien ist ein schönes Land. Und für mich ist schwer, von meiner Familie getrennt zu sein. Mit meinem Sohn ist es schon etwas anders, weil er 20 ist. Aber mit meinen „beiden“ Frauen, meine Tochter ist erst 9, ist es schwer. Ich bin den ganzen Tag mit Fußball beschäftigt und ich suche hier eine Kompensation. Wir leben schon seit 30 Jahren in der Familie so. Das bedeutet immer unterwegs sein. Als ich Trainer in Slowenien war, war ich auch nicht zu Hause. Ich kam nach drei oder nach sieben Tagen. Bei diesem Job ist es unmöglich, zu Hause zu bleiben. Man muss es akzeptieren oder sagen, ok, ich tue das nicht, arbeite lieber im Garten oder was weiß ich. Anders geht das nicht.

 

              Foto: Grand méchant loup | Böser Wolf e.V.

Interview von David und Alina geführt