BERLIN, CANNES, SELLES SUR CHER

Sechs Berliner Schüler beim Kurzfilmfestival von Selles sur Cher

 

          Lire la version française >>>

von Frederick Soleil,

Schüler der Sophie-Scholl-Schule in Berlin

Ein Kurzfilmfestival in einer 5000-Seelen Gemeinde in mitten Frankreichs? Das ist ungewöhnlich. Aber, ein Kurzfilmfestival in einer 5000-Seelen Gemeinde in mitten Frankreichs, an dem 6 Berliner Schüler als „Ehrengäste“ teilnehmen, das ist ganz und gar außergewöhnlich.

Und doch, in Selles-sur-Cher stand am Wochenende des 6. und 7. Junis 2008 alles im Zeichen der 2. Ausgabe von Selluloïd, einem Festival, das jungen Talenten die Möglichkeit gibt, ihre von Envie d’Agir geförderten Projekte vorzustellen und einen von drei Festivalpreisen zu gewinnen. Umgeben von Jungregisseuren und Festivalveranstaltern, durften 6 Schüler der Sophie-Scholl-Schule an dem 2-tägigen Festival teilnehmen, sammelten fleißig Erfahrungen und führten darüber hinaus noch das ein oder andere Interview.

 

Nachdem wir freitagmittags in Orly (Paris) gelandet waren, brachte man uns in einem Minibus ins etwa 200km entfernte Selles sur Cher. Dort wurden wir in einem Kindergarten/Jugendzentrum untergebracht. Diese etwas unorthodoxe Art der Unterkunft hatte gegenüber einem Hotel zumindest den Vorteil, dass wir für solch geräumige Zimmer schon die Präsidentensuite hätten buchen müssen, was mit Sicherheit weniger preiswert gewesen wäre. 

Anschließend fuhren wir in die Cinemathek zu einer ersten Vorstellungsrunde mit den Regisseuren und den Offiziellen seitens der Gemeinde. Für einen Laien wie mich, war es besonders interessant den jungen Filmschaffenden zu lauschen, die die Entstehungsgeschichten hinter ihren Filmen erläuterten und mir so einen Einblick in die Funktionsweise des Filmgeschäfts abseits der Kulissen gewährten.

Nach der Einführung stand die erste Filmvorstellung an und wir waren alle sehr gespannt, schließlich war es für die meisten von uns das erste Kurzfilmfestival überhaupt und vielleicht hatte der ein oder andere Kulturverwöhnte und etwas hochnäsige Berliner Schwierigkeiten, seine Vorurteile gegenüber der Provinz zu vergessen, als er zusammen mit rund 250 anderen Personen in einem kleinen Kinosaal in mitten Frankreichs Platz nahm.

All jenen, die diese Art der Vorurteile hin und wieder auch bei sich selbst betrachten sowie allen anderen sei gesagt, dass der Grad an Expertise und Professionalität, vor allem aber die thematische und stilistische Vielfalt der aufgeführten Filme uns alle sehr beeindruckt hat.

Das Themenspektrum reichte von sozialkritischen, philosophischen, witzigen oder historisch angehauchten Filmen bis hin zu „klassischeren“ Themen wie Liebe, Verlust und Einsamkeit. Doch zurück zum eigentlich Ablauf: Nach den Filmen folgte ein gemeinsames Abendessen und für die Berliner die Rückkehr in die Präsidentensuite des Kindergartens.

Der Samstag begann mit dem Besuch einer Käserei, bevor wir uns erneut ins Kino begaben, um den zweiten Teil der Filme zu schauen. Trotz erster Ermüdungserscheinungen, war es nicht weniger spannend als am Vortag und so wechselten sich erneut Momente der leichtesten Heiterkeit mit Momenten der Nachdenklichkeit und der Rührung ab. Vor dem Abendessen hatten wir die Gelegenheit einige der Regisseure zu interviewen. Die dabei entstandenen Interviews werden demnächst auf unserer Internetseite veröffentlicht.

Jetzt stand also nur noch die feierliche Abschlusszeremonie auf dem Plan: man versammelte sich ein letztes Mal im Kinosaal und lauschte andächtig einer Dankesrede nach der anderen, während alle gespannt auf die Preisverleihung warteten. Unter uns Berlinern herrschte eine gelöste wenn auch etwas erschöpfte Atmosphäre, als die drei Preisträger auf die Bühne gebeten wurden. Mit dem Ende ihrer Dankesreden neigte sich auch Selluloïd langsam seinem Ende entgegen: Im Rathaus gab es einen letzten feierlichen Empfang zur Verabschiedung, dann war es zu Ende. Wir verabschiedeten uns, fuhren in den Kindergarten, schliefen und flogen am nächsten Tag nach Hause mit einer wertvollen und ungemein bereichernden Erfahrung im Gepäck.