Wenn ein Film nach einem Buch gedreht wird...

der amerikanische Freund 

Wim Wenders, ein international bekannter Regisseur, erzählt (Teil 3)

 

Kommen die Ideen zu den Filmen vor allem von Büchern?

Ich habe ungefähr 35 Filme gemacht, von denen drei oder vier auf Romanen beruhen. Man liest ein Buch und denkt, Wahnsinn, das gefällt mir gut, könnte ein toller Film sein. Das ist aber die Ausnahme. Von allen Filmen, die ich gemacht habe, sind es gerade

zehn Prozent.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie ein Buch als Vorlage für einen Film nehmen, verändern Sie auch Sachen?

Jeder Autor weiß, dass der Film eine ganz andere Geschichte wird und dass wichtige, notwendige Sachen gekürzt, manchmal auch verändert werden. Es ist deswegen meist besser, wenn die Romanautoren nicht mit dem Film zu tun haben.

Warum? Streiten Sie sich dann?

Der Amerikanische Freund zum Beispiel ist nach dem Roman Ripleys' Game von Patricia Highsmith gedreht worden. Ich habe ihr den Film gezeigt, als er fertig war, und sie war sauer. Sie hat gesagt nee, das gefällt mir nicht.

Was hat ihr nicht gefallen?

Der Film fängt in Hamburg an, dann reist Jonathan Zimmermann, die Hauptfigur, nach Paris, und dann fährt er zurück nach Hamburg. Im Roman war es umgekehrt. Weil es ein deutscher Film war, wäre es für mich viel teurer gewesen, wenn ich ihnin Frankreich gedreht und nur diese eine Reise nach Deutschland gefilmt hätte. Ich habe also alles umgekehrt gemacht. Und das hat Patricia Highsmith irre verwirrt. Dann hat ihr der Schauspieler Dennis Hopper nicht gefallen, weil sie sich seine Rolle als Ripley ganz anders vorgestellt hatte. Ich war ganz stolz auf den Film, und die berühmte Autorin war mürrisch und sagte nee, das fände sie gar nicht gut. Da war ich natürlich ziemlich traurig.

War das schlimm für Sie?

Ein paar Monate später habe ich einen Brief von Patricia Highsmith bekommen. Sie hätte den Film noch mal angeguckt. Und dann hätte sie verstanden, was ich gemacht hatte, und letzten Endes fände sie, dass von allen ihrer Romanverfilmungen mein Film doch der Gelungenste wäre. Dass ich das Klima des Romans am Besten getroffen hätte. Da war ich natürlich sehr erleichtert. Aber zwischendurch habe ich monatelang gedacht, So ein Mist, das hat ihr nicht gefallen.

 

Originaltitel Der amerikanische Freund
Produktionsland Deutschland, Frankreich, USA
Originalsprache Deutsch, Englisch
Erscheinungsjahr 1977
Länge 127 Minuten

 

 

 

Interview Alina, Sidney, André und David
am 13. Januar 2010

© Text und Bild: Grand méchant loup | Böser Wolf