Dieses und Jenes 

Wim Wenders, ein international bekannter Regisseur, erzählt ... (Teil 8)



 


  Gähnen   Aufgeben   Neues   Rauchen   Geld   Happy-End   Unmögliches   Schule       Nicht so schön






> Schule

Was war Ihr Lieblingsfach in der Schule?
Ich hatte zwei. Kunst und Sport.

 

> Rauchen

Wer entscheidet eigentlich, ob ein Film jugendfrei ist oder nicht?  
Das macht nicht der Produzent selbst, das macht die freiwillige Selbstkontrolle. Die schauen

sich das an und legen unter anderem die Altersbegrenzung fest. Mit 'Avatar' gab es Ärger, weil in dem Film geraucht wird, und deshalb dürfte er nicht schon ab 12 sein...

Aber es wird immer in Filmen geraucht, bei Buena Vista Social Club rauchen die ständig...
In Kuba rauchen alle, vor allem Zigarren. Da kann man gar nicht drehen, ohne dass die Leute Zigarren rauchen.

Gibt es Schauspieler, die Nichtraucher sind, und die sich weigern, für den Film zu rauchen?
Das würde ich nie machen: einen Schauspieler zu fragen, der nicht selber raucht. Das darf man nicht verlangen.

 

Kann man nicht falsche Zigaretten einsetzen, also welche nachahmen?
Das wäre dann recht kompliziert. Und diese Kräuterzigaretten sind noch schrecklicher. Die sind voll Teer! Das darf man sowieso nicht rauchen...


> Happy-End

Warum haben Ihre Filme oft ein offenes Ende und kein Happy-End?
Naja, das stimmt nicht so ganz. Die meisten Filme von mir gehen eher gut aus! Im Leben gehen ja kaum Geschichten so richtig zu Ende, wie im Kino. Deshalb denke ich, es ist interessanter, wenn die Leute sich am Ende des Films selbst ausdenken, wie es weitergehen könnte.

 

> Gähnen

Ihre Filme werden immer lockerer, das gefällt uns.
Das freut mich.

Aber Ihre Dialoge sind ein bisschen langgezogen, ist das Ihr Drehbuchstil?
Das hört nicht auf, was? Das denke ich mir auch manchmal. Mitunter finde ich es auch gut, wenn überhaupt nicht geredet wird. Aber manchmal fängt bei mir einer an zu reden, und wenn er endlich zum Erzählen kommt, findet es kein Ende. Aber ich seh schon, ich muss mir das abgewöhnen.

Wenn Sie das mögen...
Die Bereitschaft, überhaupt jemandem zuzuhören, nimmt laufend ab. Heute ist es lang, wenn jemand zwei Minuten redet. Dann fangen die Leute an zu gähnen und unruhig zu werden oder aufs Klo zu gehen.

Der Himmel über Berlin ist extrem, man wollte eigentlich den Schluss auch wissen.
Irgendwie habt ihr schon Recht, ich weiß.


 

> Aufgeben

Hatten Sie beim Drehen schon einmal so ein großes Problem, dass Sie dachten, Sie müssten den Film aufgeben?

Ja, das war beim Film Bis ans Ende der Welt. Am Titel merkt man ja schon, dass das ziemlich weit geht.

Wir haben den um die ganze Welt herum gedreht, in vier Kontinenten und in zehn Ländern. Das war so anstrengend, dass viele Leute zwischendurch ausgestiegen sind. Ich habe selbst auch zwischendurch gedacht, ich schaffe es nicht mehr. Aber es wurde doch fertig.

 

> Geld

Wenn Sie so viel reisen, dann ist das bestimmt teuer. Wie bekommen Sie so viel Geld zusammen?

Der Film Bis ans Ende der Welt war mit Abstand das teuerste Ding, das ich je gemacht habe. Das habe ich auch nur einmal geschafft. Er hat damals, 1990, 24 Millionen Dollar gekostet, was richtig viel Geld war. Heute ist jeder zweite amerikanische Film teurer. Ich habe 10 Jahre gebraucht, bis ich ihn finanziert hatte und ihn tatsächlich drehen konnte.

 

> Neues

Drehen Sie gerade einen neuen Film?
Ich mache gerade einen Film in 3D über die große Choreographin Pina Bausch, die vor kurzem gestorben ist. Das ist der erste Dokumentarfilm in 3D. Das ist ganz spannend, weil das eine völlig neue Technik ist. Ganz aufregend, sowohl so zu drehen als auch zu schneiden.

 

> Nicht so schön

Das stört mich schon, dass die einzigen Filme, die heute richtig Erfolg haben, immer mehr diejenigen sind, die berechenbar sind. Ins Kino kommen eigentlich nur noch die Blockbuster, kleinere Filme haben kaum noch eine Chance. Manchmal laufen sie eine Woche, wenn überhaupt. Das Kino ist sehr, sehr schnelllebig geworden.

War das früher anders?

Ja, schon. Da konnte sich ein Film auch nach einer Weile noch durchsetzen. Heute entscheidet sich das am ersten Wochenende und wenn der Film da nicht seine Kohle macht, ist er gleich wieder weg. Ich finde es auch schade, dass die Filmkultur so von Werbung und Promotion abhängig geworden ist.

 

> Unmögliches

The Soul of a Man ist einer meiner eigenen Lieblingsfilme, ein Dokumentarfilm über drei Bluesmusiker, die längst gestorben sind. Das sind meine Lieblingsmusiker.

Was war da schwierig?

Es ist nicht einfach, einen Film über Leute zu machen, die schon längst tot sind und von denen es zum Teil kein einziges Bild gab. Von dem Ältesten, Blind Willie Johnson, weiß man nicht mal, wie er aussah!

1) Der erste heißt Blind Willie Johnson, der hat nur 1928 einmal im Studio aufgenommen, alles Stücke, die seitdem zum Repertoire des Blues gehören. Er ist dann vollkommen verarmt gestorben. Er hat nicht einmal gewusst, dass die Platten herauskamen!

2) Der zweite ist der Skip James. Der hat in den 30er Jahren aufgenommen, auch ganz erfolglos. Er wurde in den 60er Jahren wiederentdeckt, als er völlig verarmt im Krankenhaus lag. Er hat dann noch einmal eine kurze Karriere gehabt, bevor er gestorben ist.

3) Der dritte ist ein Chicagoer Bluesmusiker, J.B. Lenoir, der eine Zeit lang ein bisschen Erfolg hatte, aber dann auch verarmte und schließlich als Tellerwäscher gestorben ist.

Das Werk dieser drei gehört zu meiner Lieblingsmusik, und ich habe versucht, sie im Nachhinein zu ehren, damit sie doch noch einmal zu einem späten Ruhm kommen.

Interview: Alina, Sidney, André und David
am 13. Januar 2010

© Text und Bild: Grand méchant loup | Böser Wolf