Paris und Berlin

  Der Bürgermeister von Paris, Bertrand Delanoé und der Regierende Bürgermeister von Berlin,

Klaus Wowereit beantworten die Fragen der Bösen Wölfe


 

 

 

 

 

 

 

 

Der Bürgermeister von Paris, Bertrand Delanoé

Was mögen Sie an Berlin, was Sie nicht unbedingt in Paris wiederfinden?
Bertrand Delanoé: Die Geschichte ist in Berlin vielleicht tragischer, deshalb ist die Kreativität stärker gefördert worden. Berlin und Paris sind zwei ganz unterschiedliche Städte, beide haben jedoch die Liebe zur Jugend und Kreativität gemeinsam. Wir haben nur nicht denselben geschichtlichen Hintergrund, deshalb drückt sich die Lebensenergie unterschiedlich aus. Berlin und Paris sind sich extrem nah, gerade weil es diese Lebensleidenschaft gibt.


Sie sprachen gerade über die Jugend; welche Trümpfe haben Paris und Berlin, um für junge Leute attraktiv zu sein?
Bertrand Delanoé: Berlin hat den Vorteil, eine Stadt im Werden zu sein, wo das Leben vielleicht einfacher ist, billiger. Paris dagegen ist schon lange eine sehr anziehende Stadt. Sie muss aber ihrer Jugend zeigen, dass sie in diesem geschichtsbeladenen Kulturerbe ihren eigenen Platz hat, und die Jugendlichen müssen selbst etwas Kraftvolles, Fantasievolles schaffen . Ich bin sehr stolz auf das Wachstum der Pariser Bevölkerung – es gibt 10 000 Pariser mehr – und deren Verjüngung.


Welche Rolle sollen Paris und Berlin beim Aufbau Europas spielen?
Bertrand Delanoé: Eine Hauptrolle. Ich denke, dass Europa nur existieren kann, wenn Deutschland und Frankreich zusammen an dessen Dynamik arbeiten, dabei dürfen sie jedoch die anderen nicht ausschließen. Sonst wird es nicht klappen. Deutschland und Frankreich sollen aber die anderen mitziehen, sonst wird es auch nicht klappen. Und beide Städte, Berlin und Paris, die einen größeren Freiraum haben als Staaten, können auf der philosophischen und kulturellen Ebene ihre gemeinsame Leidenschaft zeigen: zu Werten, zum Leben, wofür sich auch die Jugend engagieren kann.

 

 

Der Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit

Was könnte Berlin von Paris lernen und umgekehrt?
Klaus Wowereit: Wir können viel von einander lernen. Deshalb pflegen wir einen intensiven Austausch auf verschiedenen Ebenen mit unserer Partnerstadt Paris. Das kommt auch in den Projekten zum 25-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft zum Ausdruck. Hier kommen sich die Menschen in gemeinsamer Arbeit näher, sei es in Musik- und Tanzworkshops oder bei der Jugendarbeit. Das ist ein wichtiger Baustein für das Miteinander in Europa.

 

Was hat sich vor allem in Berlin geändert, seit Sie Bürgermeister von Berlin sind,?
Klaus Wowereit: Berlin ist ständig im Wandel, was aber im Rückblick auf das letzte Jahrzehnt sofort auffällt: Berlin ist noch internationaler geworden. Ich meine damit nicht nur die zahlreichen Touristen aus aller Welt, sondern vor allem die vielen Fachkräfte und Studenten, auch aus Frankreich, die nach Berlin gekommen sind, um hier zu leben und zu arbeiten. Sie haben in unserer Stadt eine neue Heimat gefunden. Berlin ist reicher und vielfältiger geworden. In den vergangenen Jahren haben wir viel erreicht. Hervorheben möchte ich unsere Familien- und Bildungspolitik. Insbesondere die Beitragsfreiheit für alle Bildungseinrichtungen von der Kindertagesstätte bis zur Universität.

 

Was hat Paris, was Berlin nicht hat - Was hat Berlin, was Paris nicht hat?
Klaus Wowereit: Ich finde es nicht wichtig, was die eine oder andere Stadt hat bzw. nicht hat. Gerade Unterschiede können faszinieren. Paris und Berlin sind attraktiv und interessant, egal ob mit Eiffel- oder Fernsehturm. Lebensart, Atmosphäre, Architektur, Geschichte, die Menschen – da haben beide Städte ihre Unverwechselbarkeit, die sie so liebenswert machen.

 

Berlin zieht viele junge Franzosen an. Warum Ihrer Meinung nach?
Klaus Wowereit: Berlin ist eine junge und dynamische Stadt, sie ist im Wandel und offen für Neues. Das ist attraktiv nicht nur für junge Franzosen, sondern für viele Menschen aus dem Ausland. Unsere Stadt bietet für Künstler, Kreative oder Gründer Möglichkeiten, ihre Ideen zu verwirklichen. Übrigens: Berlin ist nicht so teuer wie Paris. Mieten, Restaurant- oder Theaterbesuche sind in Berlin viel günstiger.

 

In Paris kann man sich Vélib ausleihen. Wünschen Sie sich auch so etwas für Berlin?
Klaus Wowereit: Ich finde es toll, Fahrräder in Großstädten ausleihen zu können. Auch in Berlin ist es möglich. Das Rad ist eine sehr sinnvolle Ergänzung zu Bus, Bahn und Tram. "Call a Bike" der Deutschen Bahn AG zum Beispiel bietet rund um die Uhr Fahrräder an. Die Nachfrage ist so groß, dass die Bahn ihr Angebot erweitert hat.

In den vergangenen Jahren haben wir in Berlin das Radwegenetz ausgebaut. Mit dem Fahrrad können Touristen Berlin wunderbar auf gekennzeichneten Routen erkunden.

Interview: die Redaktion

Zeichnungen: Alina, Anastasia, David

Text,  Zeichnungen und Fotos © Böser Wolf | Juni 2012

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