Man träumt immer davon, Rätsel zu lösen

Ein Interview der Schülerreporter des Bösen Wolfes mit Philippe Etienne,

französischer Botschafter in Deutschland

 

 

Als der Botschafter ankam, bemerkten wir einen Button mit einem großen Smiley an seinem Jackett. Vielleicht als Zeichen seiner guten Laune? Philippe Etienne hat uns erklärt, dass es einen solchen Button anlässlich der großen Klimakonferenz gibt, die im Dezember in Paris stattfinden wird. Ziel dieses Treffens ist es, ein Abkommen zu schließen, um die Erderwärmung aufzuhalten. Der Smiley auf dem Button deutet auf Hoffnung hin.

 

 

                                     Philippe Etienne in der Bibliothek der Botschaft in Berlin

 

 

Was wollten Sie werden, als Sie ein Kind waren?

Ich wollte gern Archäologe werden. Ich träumte von Ausgrabungen, am liebsten bei uralten Hochkulturen Amerikas, in Mexiko, in Peru...

Gab es eine Kultur, die Sie besonders interessierte?
Ja, die ersten Hochkulturen vor den Inkas und Mayas, denn man träumt immer davon, Rätsel zu lösen…

 

 

 

Darf man als Botschafter eine eigene Meinung vertreten?
Jeder Bürger hat das Recht und die Pflicht auf freie Meinungsäußerung. Da man jedoch als Botschafter ständig sein Land vertritt, muss man ein bisschen auf seine Äußerungen achten. Wenn man mit jemanden redet, wie jetzt zum Beispiel, sagt man die Meinung des Landes, das man vertritt.


Es gibt so viele Länder, ich kann mir schlecht vorstellen, dass Frankreich überall vertreten ist?
Frankreich ist nicht ganz überall. Das ist nicht möglich, denn es gibt fast 200 Länder in der Welt. Frankreich hat aber neben den USA, Großbritannien, Deutschland und China in den meisten Staaten eine Botschaft.


Sie waren in Brüssel. Was machten Sie dort genau?
Ich arbeitete bei der ständigen Vertretung Frankreichs bei der Europäischen Union. Es ist eine Art Botschaft, die im Namen Frankreichs über alle mögliche Themen verhandelt: von der Landwirtschaft bis zur Umwelt, über Verkehr, Finanzen, usw.


Waren Sie eine Art Botschafter?
Ja. Ein Teil meiner Arbeit bestand darin, die europäischen Gipfeltreffen vorzubereiten und vor allem mit den anderen 27 Mitgliedstaaten Lösungen für Probleme in Europa zu finden.

 


War Ihr Alltag in Brüssel nicht ein bisschen langweilig?
Nein, ich habe meine Arbeit sehr gemocht, weil es bei den Verhandlungen immer um Grundsatzthemen ging. Die Schuldenkrise in der Eurozone, die Einwanderungsproblematik, die Krise in der Ukraine usw. Es sind schwierige, jedoch wichtige Themen. Es stimmt aber schon, dass es hier in Berlin abwechslungsreicher ist. Ich sitze nicht immer in einem Besprechungsraum wie manchmal Tag und Nacht in Brüssel. Ich finde den Weg ins normale Leben zurück.

 

 

Warum sind Sie aus Brüssel weggegangen?
Ich war länger als 5 Jahre dort, normalerweise bleibt man als Botschafter nur drei Jahre an einem Ort.

 


Glauben Sie, dass die einzelnen EU-Mitgliedsländer eines Tages keine Botschafter innerhalb der Europäischen Union mehr brauchen werden?

Nein, das glaube ich nicht. Wir merken doch, dass wir uns noch besser kennen lernen müssen. Auch um bessere Kompromisse über europäische Entscheidungen zu finden. Es ist ebenso wichtig Sprach-und Kulturinstitute wie das Institut français zu haben, sie tragen dazu bei, das andere Land besser zu kennen und Austauschmöglichkeiten zu haben. Und im wirtschaftlichen Bereich sollte man zum Beispiel immer den Tourismus in Frankreich für Deutsche fördern. Deutschland ist wichtig für die französische Wirtschaft. Eine französische Botschaft in Deutschland, in Belgien oder in den Niederlanden spielt eine ganz andere Rolle als eine Botschaft in Afrika oder Asien. Ihre Aufgabe bleibt sehr nützlich.

 

 

Ich habe Schwierigkeiten mit Mathe, ich habe gelesen, dass Sie Mathematiker sind. Warum mögen Sie Mathematik und wozu ist die nützlich?
Mathe ist für mich fast eine Sprache, eine Kunst. Es ist natürlich eine Wissenschaft, jedoch nicht wie Physik oder Chemie, auch nicht Biologie. Die Mathematik ist eine fächerübergreifende Sprache, sie ist für alles nützlich. Und ein mathematisches Denken oder Beweis oder eine Gleichung können eine gewisse Schönheit haben. Man muss sich an die Mathematik wie an ein Spiel herantasten und dabei Spaß empfinden wie bei der Lösung eines Rätsels. Und Kopfrechnen bleibt auch wichtig trotz PC und Taschenrechner.

Ich komme immer mit den Zahlen durcheinander, bei diesem Fach habe ich meine schlechtesten Noten…
Die Mathematik leidet darunter, dass es zu einem Schulfach geworden ist, das dazu dient, Schüler in gute oder schlechte aufzuteilen und daran zu messen. Wenn die Mathematik zum Auswahlkriterium wird, macht es manche Schüler verrückt und deren ihren Eltern auch. Und für die Lehrer wird es auch schwierig, weil es für alle einen starken Druck gibt. Ich bin der Meinung, dass man Spaß beim Mathe-Unterricht haben kann.


Haben Sie auch Ferien?
Das ist eine ausgezeichnete Frage, die ich mir oft stelle. Aber ja, doch!


 

Hier das Gesamtinterview auf Französisch >>>

 

 

 

   Philippe Etienne mit den Bösen Wölfen

 

 

               Widmung von Philippe Etienne -> 

 

  

Interview: Leopold, Gaїa und Greta (Kinderredaktion Böser Wolf) 

Zeichnungen: Gaїa und Greta (Kinderredaktion Böser Wolf)

Fotos: Böser Wolf

© Böser Wolf | Mai 2015