Und die Wölfe,wo bleiben sie?
Ein Interview mit
dem französischen Botschafter in Berlin, Claude Martin
Hier kannst du Spannendes über folgende Themen lesen:
1. Zwei Wolfsaugen zwischen den Bäumen >>>
3. Wie kann man Wölfe fotografieren >>>
Wie feiern Sie Ihren Geburtstag?
Ich werde euch jetzt erzählen, wie ich meinen letzten Geburtstag gefeiert habe. Ich habe mir die Wölfe in Brandenburg angeschaut, an einem Ort nicht weit weg von Berlin, der Wildpark Schorfheide heißt...
In dieser kleinen Meute gibt es einen Wolf, der nur drei Beine hat. Er heißt Naum. Eigentlich waren wir seinetwegen in diesen Wildpark gefahren. Wir hatten seine ganze Geschichte in der Zeitung gelesen. Dieser Wolf war nämlich mit einem Bein in eine Falle geraten, um sich zu befreien, hatte er so lange an der Falle gezerrt, bis die Pfote abgerissen war. Er hatte es nicht ertragen, gefangen zu sein, und das fand ich fabelhaft. Er war also gefangen worden, und es hatte Menschen gegeben, die ihn erlegen wollten, aber schließlich war er von Frau Heiter aufgenommen worden. Diese Geschichte fand ich so schön, dass ich den Wolf gerne sehen wollte.
Und Sie haben ihn dann auch wirklich gesehen?
Nein. Nach dieser Geschichte ist Naum
noch wilder geworden, das heißt, dass er Menschen
gar nicht mehr ertragen kann, dass er
ihre Nähe nicht zulassen kann. Wenn man
die Wölfe besucht, bleibt er immer im Wald
versteckt, aber man kann seine Augen sehen.
Zwischen den Bäumen kann man zwei Wolfsaugen
funkeln sehen und eigentlich sind sie
genau dann am schönsten, wenn man sie da
zwischen den Blättern aufblitzen sieht. Es ist
so, wie man es aus manchen Comics kennt.
Warum mögen Sie die Wölfe denn so?
Weil
ich sie einfach schön finde. Sie haben sehr
helle Augen, und es scheint, als sprächen
die Augen zu einem. Findet ihr nicht, dass
die Augen von Wölfen wunderbar sind?
Doch, aber ich habe sie echt nur im Zoo gesehen.
Das ist schwierig, wisst ihr, denn man sollte ihnen gerade nicht direkt in die Augen sehen, denn dann haben sie Angst, und deshalb kann ein Wolf nervös werden. Wenn ein Wolf einen ansieht, sollte man ihn nicht anschauen, und wenn er einen nicht ansieht, dann sollte man ihn anschauen. Jeder muss den anderen ansehen können, ohne dass er dabei Angst bekommt.
Diesen Wolf hier haben wir am Sonntag
gesehen ->
Das ist Wotan. Er ist schön, das heißt also, dass es ihm gut geht. Was mich besonders beeindruckt hat, ist, dass diese Wölfe, vor allem Wotan aber auch Leila und die anderen, sehr groß sind. Ich hatte schon mal Wölfe gesehen, aber nie so, dass ein Wolf an mir hoch gesprungen ist. Wenn Wotan einem seine Vorderbeine auf die Schultern legt und sich aufrichtet, dann ist er sehr groß. Er hat mir mindestens zwei Minuten lang das Gesicht geleckt. Als ich so alt war wie ihr, da hatte ich immer Angst vor Wölfen, ich dachte, es seien bestimmt böse Bestien, die Menschen angreifen. So hat sich Wotan gar nicht verhalten. Er war sehr lieb.
Und haben Sie schon mal junge Wölfe gesehen?
Nein, so direkt nicht. Ich hätte gerne welche
gesehen, aber wer weiß, vielleicht irgendwann
einmal. Ich glaube, das ist sehr schwierig, denn
wenn eine Wölfin Junge hat, dann wird sie sehr
wild und lässt niemanden an die Kleinen heran.
Aber wie macht man es dann, um sie zu fotografieren?
Von weitem mit einem Teleobjektiv. Mit großen Teleobjektiven kann man sie aus mehreren Kilometern Entfernung filmen.
Aber wie weiß man denn, dass es dort Wölfe gibt?
Man folgt ihrer Spur. Und mit Ferngläsern kann man sie sichten. Ich glaube, man braucht dafür sehr viel Geduld, weil Wölfe einen sehr guten Geruchssinn haben, sie wittern kilometerweit. Und wenn sich da ein Mensch aufhält, dann fliehen sie. Man muss sich also gegen den Wind stellen, sehr weit weg, und dann, kann man sie mit dem Teleobjektiv filmen.
Und was ist, wenn man mit einem Stück Fleisch ankommt und es dann selbst aufisst?
Das passiert nicht, weil du doch kein rohes Fleisch isst. Oder doch? Isst du rohes Fleisch?
Nein.
Wenn du ihnen das Futter wegnimmst, werden sie sicherlich sehr aggressiv. Das soll man nicht tun. Man muss ihnen zeigen, dass man friedliche Absichten hat, zum Beispiel sollte man sich hinsetzen, sich sogar hinlegen, wenn sie sich nähern, damit sie merken, dass man nicht versucht, sie zu fangen, und dann klappt es sehr gut.
Nur die Anführer dürfen Junge haben.
Ja, das
stimmt. Es ist immer ein Kampf, um zu wissen,
wer das Sagen hat..
Und auch, um den Weibchen zu gefallen.
Ja, es gibt viel Eifersucht...
Der, der die längste Schnauze hat, der ist der Chef.
Nicht der, der die längste Schnauze hat, sondern der die größte Klappe hat, das ist der Chef.
Naum ist der Chef, weil er für die anderen
ein Held ist. Durch seine Behinderung ist er
eine moralische Autorität. Er ist aus Polen
gekommen, hat einen langen Weg zurückgelegt, hat sich in eine Gegend gewagt, wo
es lange keine Wölfe gegeben hatte, wo alle
Wölfe wahrscheinlich ausgerottet worden
sind. Er ist also sehr mutig gewesen, ist in
eine Falle geraten und hat sich befreien können.
Das alles macht aus ihm einen ganz
außergewöhnlichen Wolf.
Wir kennen eine Katze, die hat nur drei
Pfoten.
Ja, die hat sich die Pfote eingeklemmt und
dann hat sie sie sich abgerissen, als sie sich
befreit hat.
Für Tiere ist Freiheit sehr wichtig. Ganz besonders für Wölfe. Wölfe sind also gar nicht böse, das ist das Fazit dieser Geschichte. Sie wissen, wer das Sagen hat, wie sie sich organisieren und sie sind sehr solidarisch.