Clarita von Trott zu Solz war die Frau von Adam von Trott zu Solz, einem Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, der sich am Attentat vom 20. Juli 1944 gegen Hitler beteiligte. Wir besuchten sie kurz vor ihrem 90. Geburtstag.
Frau von Trott zu Solz wohnt in Berlin in einer Dachwohnung, sie hat einen Laptop mit Internetanschluss und sie sieht gar nicht so aus, als hätte sie während des Hitler-Regimes schon gelebt. Ohne sie und ohne die Frauen der anderen Widerstandskämpfer wäre alles ganz anders gewesen.
Frau von Trott ist 1917 geboren und in Hamburg aufgewachsen, sie war auf einem Gymnasium mit Jungs, das war damals, Anfang der 30er Jahre, völlig ungewöhnlich. Obwohl sie das Abitur gemacht hat, war es klar, dass sie bald heiraten sollte. Sie lehnte alle Heiratsanträge in Hamburg ab und fuhr nach Berlin, wo sie niemanden kannte, doch gerade das gefiel ihr. Wir wollten wissen, ob sie damals wusste, was mit den Juden passierte. Sie erlebte, dass die Juden nach und nach aus ihrem Viertel in Hamburg verschwanden."Es war eine bedrückende Atmosphäre", sagte sie.
1939 lernten sich Clarita und Adam von Trott kennen. Adam von Trott war acht Jahre älter als Clarita. „Er machte alles, was ich nicht machen konnte, er hatte zwei Reisen um die Welt gemacht, er hatte so viel im voraus.“ Schon 1931, mit 22 Jahren, hatte er eine Rede gegen Hitler gehalten, als er Student in England war. Es hatte seiner Mutter nicht so gut gefallen, denn sie fand, dass man sein Land nicht schlecht machen sollte. Man kann sich das heute nicht vorstellen, aber das war gar nicht einfach, gegen sein Land etwas zu sagen, es war, als wäre man ein Verräter. Es gab damals eine andere Verbundenheit mit dem Land, in dem man aufwuchs, auch wenn ein Diktator wie Hitler es regierte.
Adam von Trott arbeitete im Auswärtigen Amt, so hatte er viele Beziehungen zu ausländischen Politikern. Er wurde sogar Mitglied der NSDAP (die Partei der Nazis). Er war zwar nicht mit den Ideen der Nazis einverstanden, er meinte aber, über seine Beziehungen etwas leichter erreichen zu können. Er wollte schließlich ein Land mit Gerechtigkeit. Später wurde er sogar von manchen „Außenminister des Widerstands“ genannt.
Clarita und Adam bekamen zwei Töchter, die Familie lebte in Berlin bis Mai 1943, dann wohnte Clarita mit den beiden kleinen Kindern in Imshausen, dort ist der Sitz der Familie von Trott. In Berlin war es zu gefährlich geworden. Wusste Clarita, dass ein Attentat vorgesehen war? „Man wusste alles und nichts“, antwortete sie. Im April 1944 hatte Adam zu ihr gesagt, dass es eine neue Bewegung gibt, mit einem „feurigen jungen Offizier“. Gemeint war Claus von Stauffenberg, der den Anschlag auf Hitler am 20.Juli 1944 verübte.
Clarita war in Imshausen, im Haus der Familie von Trott, als das Attentat stattfand. Die Bombe tötete Hitler leider nicht. Nach dem Scheitern hätte ihr Mann ins Ausland flüchten können, aber das wollte er nicht. Nach seiner Verhaftung am 25. Juli sagte er zu einer Verwandten, er fühle sich wie ein Baum ohne Äste. „Wenn alles missglückt ist, dann will man nicht mehr“, sagte er, da war gar keine Kraft mehr, um sich zu erholen.
In einem seiner letzten Briefe an Clarita steht: „Ich weiß, dass du dich nicht unterkriegen lassen und dich zu einem Leben durchkämpfen wirst, indem ich dir innerlich weiter zur Seite stehe, wenn du auch anscheinend ganz allein bist.“ Am 26. August 1944 wurde Adam von Trott hingerichtet. Insgesamt wurden etwa 1500 Personen inhaftiert und 200 getötet.
Clarita wurde verhaftet, aber wieder freigelassen. Ihre zwei kleinen Töchter wurden ihr eine Zeit lang von den Nazis weggenommen, und da war es ganz schlimm für sie. Zum Glück hat sie sie wieder bekommen. Nach dem Krieg hat Clarita zunächst bis 1949 in Imshausen gelebt, und dann hat sie Medizin studiert.
Clarita von Trott zu Solz hat lange Zeit in Berlin als Psychoanalytikerin (so etwas wie eine Psychologin) gearbeitet. Es war keine einfache Zeit, denn auch nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes wurde die Widerstandsgruppe, die das Attentat auf Hitler verübt hatte, zunächst von vielen Menschen als Verräter des Vaterlandes angesehen. Wir finden das schrecklich.
Ernst Leitz, ein Mensch, der das Leben vieler Menschen während der Nazi-Zeit retten konnte.