Ich tue etwas Intelligentes und habe Spaß dabei
Ein Interview mit Florence Dutruc-Rosset,
der Chefredakteurin vom französischen Kindermagazin Astrapi
Der Grand méchant loup ist nach Paris gefahren und hat die Redaktion von Astrapi besucht. In der Eingangshalle sieht man die verschiedenen Zeitschriften, die dort gemacht werden. Wir haben die Räume der Redaktion besichtigt, und man hat uns die ersten Astrapi-Hefte gezeigt.
Was macht ein Chefredakteur?
Er ist für die gesamte Zeitung zuständig und für die gesamte Arbeit des Teams. 16 Leute arbeiten für Astrapi. Wir suchen die Themen zusammen aus, ich trage aber die Verantwortung dafür. Wenn etwas schief läuft, ist es ein bisschen meine Schuld.
Was muss man studieren, um Ihren Beruf auszuüben?
Das ist unterschiedlich. Ich habe zum Beispiel Französisch studiert, dabei lernt man, sich schriftlich gut auszudrücken. Für meine Tätigkeit, glaube ich, sollte man Kinder lieben, gern mit ihnen sprechen, die Themen mögen, die sie interessieren. Man sollte sich für Vulkane begeistern, auch für das Leben auf dem Mars... Also geistig den Kindern nah stehen, die eigene Kindheit nicht ganz vergessen.
Florence Dutruc-Rosset, Chefredakteur
mit dem Redakteur Bruno Muscat ->
Wer hat Astrapi erfunden und warum?
1978 gab es wenig Kindermagazine beziehungsweise sie waren nicht sehr lustig. Man ließ die Kinder durch Bücher, Zeichnungen und Karten lernen. Wir haben uns gesagt: Wie wäre es, den Kindern etwas auf eine andere Weise beizubringen, in dem man sie Dinge mit den Händen tun lässt.
Der Geist ist aber gleich geblieben. Am Anfang stand die Idee, durch Bastelbögen und durch Spiele zu lernen. Apprendre en s'amusant, Lernen durch Spaß, so war der Titel. Es gab auch viele Spiele, viele Experimente, viel zu basteln und schließlich gab es immer mehr Rubriken, Geschichten, Berichte mit Fotos, Kochrezepte.
Wo kommt der Name Astrapi her?
Er bedeutet nicht viel. Er stammt aus einem Märchen von 1977. Hier sagte die Hexe als Zauberspruch Astrapi, Astrapan. Astrapi, das fand die Redaktion lustig.
Wie alt sind die Kinder, die Astrapi lesen, und gibt es auch Große darunter?
Der Durchschnittsleser ist neun bis neuneinhalb Jahre alt. Wir bekommen aber auch viele Kinderbriefe, in denen steht, ich bin elf, ich möchte weiter Astrapi lesen. Unser ältester Abonnent – es ist ein Weltrekord – ist inzwischen 21 Jahre alt.
Lesen genauso viele Jungen wie Mädchen Astrapi?
Ja, das ist tatsächlich der Fall. Bei Kinderzeitschriften kommt das selten vor. Es gibt sehr viele Mädchenzeitschriften und Fußball- oder Gruselzeitschriften für Jungen.
Wie wissen Sie, was die Leser interessiert? Durch Leserbriefe oder Umfragen?
Wir bekommen ungefähr 300 bis 400 Briefe pro Monat, Liebesbriefe, Gedichte, auch Themenvorschläge, es ist super. Wir gehen auch oft in Schulen und führen dort Gespräche. Kinder kommen in die Redaktion, wir fragen sie, was sie im Fernsehen schauen, was sie mögen...
Haben Sie bei dem Astrapi-Heft über Tiere einen Tierarzt befragt?
Ja, wir lassen Tierärzte gegenlesen oder Historiker, wenn es um Geschichte geht. Fachleute prüfen alles nach.
Was ist für Sie das Wichtigste, wenn Sie Astrapi machen?
Das Wichtigste ist, dass Kinder das Heft lesen und dass sie Lust zum Lesen bekommen. Das ganze Team denkt daran: Werden die Kinder es mögen, werden sie es verstehen.
Wie bereiten Sie sich auf ein Interview vor?
Wenn wir eine Reportage oder ein Interview mit Kindern machen, bereiten wir das vor. Für das Voltigieren zum Beispiel, fragen wir, ob es schwierig ist...
Und bei Erwachsenen?
Das muss man lange im Voraus planen, in der Regel sechs Monate vorher. Meistens machen wir die Interviews per Telefon oder persönlich. Bei Zidane war es per E-Mail. Die Zeichner brauchen anderthalb Monate.
Mögen Sie Ihre Arbeit?
Ja, ich mag sie sehr. Ich kann Spaß haben und dabei etwas Intelligentes tun. Ich habe den Eindruck, dass die Leser zufrieden sind und so bin ich auch zufrieden. Und als Chefredakteurin muss man oft entscheiden, und das tue ich gerne.
Was mögen Sie nicht oder was langweilt Sie an ihrer Arbeit?
Es gibt nichts, was mich langweilt, aber es gibt Sachen, die ich nicht mag. Zum Beispiel in zu kurzer Zeit zu viel machen zu müssen. Ich habe noch zwei Stunden übrig, und ich muss jemanden anrufen, einen Text nachlesen und eine E-Mail verschicken. Man lernt seine Zeit einzuteilen, aber manchmal reicht sie nicht. Ich muss auch manchmal schlechte Nachrichten mitteilen und das mag ich nicht. Zum Beispiel jemandem sagen, dieses Jahr gibt es keine Lohnerhöhung, oder wir können Sie nicht weiter beschäftigen. Das ist nicht schön.
Interview: David, Alina und Léo (10 ans)
Text & Photos: © Grand méchant loup | Böser Wolf - 2005 | www.boeser-wolf.schule.de